Beschluß des OLG Bamberg vom 03.03.2000 – Ablehnung des Befangenheitsantrages.

Oberlandesgericht Bamberg                                        SA (F) 8/00
Abschrift                                                                           1 F 451/99 AG-FG-Bad Neustadt/Saale

Eingegangen
15.März 20OO

Beschluß

des 7. Zivilsenats – Familiensenats – des Oberlandesgerichts Bamberg

vom 3. März 2000 in der Familiensache

R E I C H E R T Norbert                  gegen                      R E I C H E R T Katrin

– Antragsteller –                                                                  – Antragsgegnerin –

RA. Eschenbach, Bad Neu-stadt/Saale-               -RAe. Schulte und Koll., Hammel burg

wegen Scheidung u.a., hier:

Richterablehnung.

Der Befangenheitsantrag der Antragsgegnerin gegen Richter am Amtsgericht Pittner wird zurückgewiesen.
Gründe

I.

Die Antragsgegnerin stützt ihren Antrag im vorliegenden Scheidungsverfahren weit überwiegend auf Geschehnisse in den bereits bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren 1 F 80/99 AG Bad Neustadt a.d.Saale wegen Regelung des Umgangs,
1 F 448/99 AG Bad Neustadt a.d.Saale, wiederum wegen Regelung des Umganges und 1 F 9/99 AG Bad Neustadt a.d.Saale = 7 UF 137/99 wegen Einschränkung der elterlichen Sorge (Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die ehelichen Kinder Alexander, geb. 29.10.1995, und Stefanie, geb 17.2.1997 auf den Vater).

Insbesondere wirft die Antragsgegnerin dem Richter vor, einen weithin als unsachlich zum Nachteil von Müttern bekannten Gutachter beauftragt und dessen Ausführungen zur Grundlage seiner Entscheidung im Verfahren 1 F 9/99 gemacht zu haben.

Zudem soll der Richter trotz zwingend erkennbarer Unzuständigkeit die Verfahren an sich gezogen haben. Die weiteren Rügen beziehen sich auf die Formulierungen diverser Protokolle, die Auswahl der Termine und die Anschriften auf den Ladungen. Insoweit wird ergänzend auf die Antragsschrift vom 26.1.2000 und die Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 19.2.2000 zu der dienstlichen Äußerung des Richters vom 02.02.2000 – dieser hält sich nicht für befangen – verwiesen.

Was das vorliegende Verfahren betrifft, beziehen sich die Rügen der Antragsgegnerin lediglich auf eine am 20.12.1999 ergangene einstweilige Anordnung, in der der Antragsgegnerin aufgegeben wurde, die von ihr nach Beendigung einer Mutter- und Kind-Kur nicht in die eheliche Wohnung zum aufenthaltsbestimmungsberechtigten Vater, sondern andern Ortes verbrachten Kinder an den Antragsteller herauszugeben. Hier beanstandet die Antragsgegnerin insbesondere, das Datum der Übertragung des Aufenthaltsrechtes sei unzutreffend angegeben worden.

II.

Dem Antrag der Antragsgegnerin ist der Erfolg zu versagen, da sich auch bei einer Gesamtschau unter Einbeziehung der bisherigen Verfahren kein Anlass ergibt, ausgehend von der Wertung eines durchschnittlich empfindsamen Bürgers an der Objektivität des Richters zu zweifeln.
Was die bereits abgeschlossenen Verfahren anbelangt, ist anzumerken, dass im Verfahren 1 F 488/99 zu Gunsten der Antragsgegnerin entschieden wurde. Dort formulierte RiAG Pittner in den Gründen des Beschlusses vom 16.11.1999 sogar:

„Alleine aufgrund der Tatsache, dass die Antragstellerin mit allen rechtlichen Mitteln für eine Übertragung der elterlichen Sorge kämpft, kann ihr die Kur nicht verweigert werden. Allein aus der Tatsache, dass die Antragstellerin vor ca. einem Jahr die Ehewohnung mit den Kindern verlassen hat, kann nicht geschlossen werden, dass die Antragstellerin dem Antragsgegner die Kinder lediglich entziehen will.

Die Kinder wurden angehört und haben erklärt, „mit der Mama in den Urlaub fahren und dann wieder zum Papa kommen zu wollen“.

Der Richter hat somit noch am 16. November 1999 die Antragsgegnerin günstiger beurteilt als deren späteres Verhalten rechtfertigt.

Auch im Verfahren 1 F 80/99 kam es unter Leitung des nunmehr abgelehnten Richters am 25.3.1999 zu einer Vereinbarung, die dem Antrag der nunmehrigen Antragsgegnerin weitgehend entsprach.
Lediglich statt alle drei, wurde ein Umgangsrecht alle vier Wochen vereinbart.

Im Verfahren 1 F 9/99 schließlich hat der Senat in seinem Beschluss vom 4.Januar 2000 sich bereits mit der Frage der Zuständigkeit des Richters 1. Instanz und mit der Unparteilichkeit des Sachverständigen und der Verwertbarkeit seines Gutachtens auseinandergesetzt und diese Fragen sämtlich positiv beantwortet .

Mit diesen Argumenten kann daher der Vorwurf der Befangenheit gegen Richter am Amtsgericht Pittner nicht mit Erfolg begründet werden.
Es verbleiben daher lediglich die Rügen über Inhalt der Protokolle etc.
Hier ist anzumerken, dass auch die Antragsgegnerin nicht sorgfältig argumentiert. wenn sie z.B. aus Abs.1 der Gründe der einstweiligen Anordnung begründen will, der Richter habe den Termin der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts irrtümlich auf vor dem 29.1.1999 liegend mitgeteilt, übersieht sie, dass der nachfolgende Absatz mit dem Satz beginnt:

Im Juni 1999 wurde das Aufenthaltsbestimungsrecht auf den Antragsteller übertragen.

Der Senat kommt daher, da die gewichtigen Vorwürfe (Sachverständiger, Zuständigkeit) nicht zutreffen und die bisher ergangenen Verfahren von ihren Ergebnissen her keineswegs gegen die Antragsgegnerin gerichtete Tendenzen erkennen lassen, zum Ergebnis, dass dem Antrag der Antragsgegnerin nicht wegen allenfallsiger unpräziser Formulierungen in einzelnen Protokollen etc. stattgegeben werden kann.

Verfahrensfehler, ja sogar deren Häufung allein, begründen nicht die Besorgnis der Befangenheit (Thomas/Putzo, 22. Aufl.,. RZ 15 unter Hinweis auf Günther, DRiZ 1994, 374) .

Zudem muß vorliegend berücksichtigt werden , dass knappe Terminierungen gerade in das Wohl von Kindern betreffenden Verfahren grundsätzlich zu begrüßen sind und es bei den wiederholten Wohnsitzwechseln der Antragsgegnerin nicht überbewertet und als Anzeichen von Befangenheit bewertet werden kann, wenn gelegentlich eine Zustellung oder Mitteilung an eine zur Zeit unzutreffende Anschrift hinausgeht.

Brütting
Schütz
Fuchs
Richter am Oberlandesgericht

Für den Gleichlaut der Abschrift
mit der Urschrift

Bamberg, 13. März 2000
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle