Beschwerde-Ablehnung

Abschrift

7 WF 127/01
1 F 451/99 AG – FG – Bad Neustadt/S.
B e s c h l u ß

des 7. Zivilsenats -Familiensenats- des Oberlandesgerichts Bamberg
vom 30. Oktober 2001

in der Familiensache

R. N., S.straße XX, 97618 Hohenroth,
Antragsteller und Beschwerdegegner,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Peter Eschenbach,
Marktplatz 14, 97616 Bad Neustadt,

gegen

Reichert Katrin, angebliche Adresse: Mittelstraße 29 b, 07546 Gera,
Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Weinmann und Kollegen,
Hainstraße 3, 96047 Bamberg,

wegen Regelung der elterlichen Sorge.
Beteiligt:

Landratsamt – Kreisjugendamt – Rhön-Grabfeld, Spörleinstraße 11,
97616 Bad Neustadt a.d. Saale, Gz. II/2.

I.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen Ziffer 2 des Endurteils des Amtsgerichts Bad Neustadt a.d. Saale vom 7,. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
II.
Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
III.
Die Antragsgegnerin, hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
IV.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.500,– DM.
V.
Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Mit Verbundurteil vom 7.6.2001 hat das Amtsgericht Bad Neustadt die Ehe der Parteien, geschieden, den Versorgungsausgleich ausgesetzt und die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder Alexander Reichert, geboren 29.10.1995, und Stefanie Reichert, geboren 17.2.1997, auf den Antragsteller übertragen (Bl. 167 ff. d.A.).

Bereits mit Beschluss vom 28.6.1999 war im Verfahren 1 F 9/99 AG Bad Neustadt a.d. Saale das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die benannten Kinder auf den Antragsteller übertragen worden. In diesem Verfahren sind der Antragsteller, die Antragsgegnerin und die Kinder gehört und ein pschychologisches Gutachten des Fachpsychologen für klinische Psychologie Dr. Helmuth Finster eingeholt
worden.

Gegen das an die Antragsgegnervertreterin erster Instanz am 2.7.2001 zugestellte Urteil vom 7.6.2001 richtet sich die am 27.7.2001 eingegangene Beschwerde der Antragsgegnerin vom gleichen Tag, die mit weiterem Schriftsatz vom 27.8.2001, eingegangen am gleichen Tag, begründet wurde. Auf die Beschwerdebegründung wird Bezug genommen (Bl. 186 ff. d.A.). Der Antragsteller hatte rechtliches Gehör. Er äußerte sich mit Schriftsatz vom 26.9.2001 (Bl. 202 ff. d.A.).

Stellungnahmen des Landratsamtes – KreisJugendamtes – Rhön-Grabfeld und der Stadtverwaltung – Jugendamt – Gera wurden im Beschwerdeverfahren eingeholt (Bl. 211 ff. d.A.).

II.
Die befristete Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft (§ 621 e Abs. l i.V.m.
§ 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und ansonsten auch zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§ 621 e Abs . 3 i.V.m. §§ 516, 519 ZPO).

Das Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil das
Beschwerdevorbringen keine Abänderung der angegriffenen Entscheidung rechtfertigt.

Die vom Amtsgericht vorgenommene Übertragung der elterlichen Sorge allein auf den Antragsteller ist sachlich geboten, weil sie den Kindeswohlinteressen am ehesten gerecht wird (§ 1671 i.V.m.§ 1697 a BGB) . Die Kinder Alexander, geboren am 29.10.1995, und Stefanie, geboren am 17.2.1997, finden beim Antragsteller und in dessen persönlichem Umfeld im Vergleich zur Antragsgegnerin die besseren Voraussetzungen für eine kindgerechte geistige und körperliche Entwicklung.

Die Erziehungsgeeignetheit des Antragstellers hat das Amtsgericht Bad Neustadt in der angegriffenen Entscheidungen zutreffend festgestellt. Sie ergibt sich aus den inhaltlich überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. Helmuth Finster vom 26.4.1999. Die Verwertung des im Verfahren 1 F 9/99 vor dem Amtsgericht Bad Neustadt eingeholten Gutachtens und die Verwertung der dort gemachten Angaben der Parteien und der Kinder unterliegt keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn diese ist im Hinblick auf das jegliche Tatsachenaufklärung behindernde Verhalten der Antragsgegnerin – sie ist seit ca. zwei Jahren unbekannten Aufenthalts und vermeidet jeglichen Kontakt zu Kreisjugendamt und Gericht – geboten, um eine im Interesse des Kindeswohls erforderliche Sachentscheidung herbeiführen zu können.
Die zwischen Tatsachenfeststellung und nunmehriger Entscheidung, vergangene Zeit ist auch nicht so erheblich, als dass die Tatsachen keine ausreichende Grundlage bieten könnten.
Auch der Senat schließt sich den fachlich fundierten, nachvollziehbaren und überzeugend begründeten Ausführungen des Sachverständigen Dr. Finster vom 26.4.1999 an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug. Anhaltspunkte für eine zwischenzeitlich eingetretene Erziehungsungeeignetheit des Antragstellers liegen nicht vor. Die Einholung eines neuen Gutachtens zu dieser Frage war deshalb nicht veranlasst. Dies gilt um so mehr, als das Landratsamt Rhön-Grabfeld in seiner im Beschwerdeverfahren eingeholten Stellungnahme vom 12.10.2001 darauf hingewiesen hat, dass sich in der persönlichen und häuslichen Situation des Antragstellers keine Veränderungen ergeben hätten.

Der Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf den Antragsteller steht auch nicht die Anregung des Sachverständigen Dr. Finster im Gutachten vom 26.4.1999 entgegen, wonach das Sorgerecht bei beiden Elternteilen gemeinsam belassen werden sollte (vgl . Bl. 25 des Gutachtens) . Denn der damalige Vorschlag beruht ersichtlich auf der Annahme einer einvernehmlichen Regelung der Eltern zum Umgangsrecht. Dieses Einvernehmen ist tatsächlich jedoch nicht gegeben. Die Parteien stehen erkennbar in einem Konfrontationsverhältnis. Zudem ist nunmehr von einer Erziehungsungeeignetheit der Antragsgegnerin auszugehen. Denn die Antragsgegnerin hat sich über die vom Amtsgericht Bad Neustadt im Verfahren 1 F 9/99 getroffene und vom Oberlandesgericht Bamberg mit Beschluss vom 4.1.2000 bestätigte Entscheidung, wonach dem Antragsteller das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Kinder zusteht, hinweggesetzt, als sie die Kinder nach Beendigung der Mutter-Kind-Kur entgegen ihrer Verpflichtung nicht zum Antragsteller zurückgebracht hat.
Sie ist vielmehr seit November 1999 untergetaucht und unbekannten Aufenthalts. Schon dieses Verhalten verstärkt die im Gutachten des Dr. Finster geäußerten Zweifel an der Erziehungsfähigkeit der Antragsgegnerin. Dem steht nicht entgegen, dass zwischen der Antragsgegnerin und den Kindern infolge des nunmehr zweijährigen Zusammenlebens möglicherweise eine engere gefühlsmäßige Bindung der Kinder an die Antragsgegnerin eingetreten sein mag. Denn diesem bei der Kindeswohlprüfung zu beachtenden Kriterium kann dann keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden, wenn – wie hier – die Bindung allein darauf zurückzuführen ist, dass der Kontakt mit dem anderen Elternteil bewusst unterbunden worden ist (OLG Bamberg FamRZ 87, 185; OLG München FamRZ 91, 1343). Letztendlich kommt es auf dieses Beurteilungskriterium aber nicht an, weil schon wegen der vollkommen ungeklärten persönlichen und wirtschaftlichen Situation der Antragsgegnerin das Wagnis der Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf sie wegen des vorrangigen Kindeswohls nicht eingegangen werden kann.

So bestehen Zweifel, ob die Antragsgegnerin überhaupt einen festen Wohnsitz hat. An der von ihr angegebenen Adresse – Mittelstraße 29 b, 07546 Gera – hält sie sich nicht auf. Mehrfache Versuche, sie dort zu erreichen, auch ein solcher durch die Stadtverwaltung – Jugendamt – Gera, sind erfolglos geblieben.

Aber auch ihre wirtschaftlichen Verhältnisse lassen Zweifel an ihrer Erziehungsfähigkeit aufkommen. Die Antragsgegnerin verfügt nach ihren Angaben über kein Einkommen und wird lediglich von ihren Eltern bei der Bestreitung des Lebensunterhalts finanziell unterstützt. Derartige beengte wirtschaftliche Lebensverhältnisse können aber nur bedingt eine kindgerechte Erziehung gewährleisten.

Die aufgezeigten Zweifel müssen im Rahmen der zu treffenden Sorgerechtsentscheidung zu Lasten der Antragsgegnerin gehen, weil sie durch ihr schuldhaftes Verhalten jegliche Aufklärung verhindert. Deshalb musste auch ihre mündliche Anhörung und die der Kinder unterbleiben.
Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens mangels hinreichender Erfolgsaussichten zurückzuweisen (§ 114 ZPO). Nebenentscheidungen: Kosten: § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG. Gegenstandswert: § 12 Abs. 2 S. 3 GKG.

Nichtzulassung der weiteren Beschwerde:
§ 621 e Abs. 1 i.V.m § 546 Abs. 1 S. 2 ZPO.

Dr.Bopp Fuchs Dr.Reheußer
Vorsitzender Richter Richter am Oberlandesgericht
am Oberlandesgericht lb